Um den griechischen Heilgott Asklepios ranken sich viele religiöse Kulte im antiken Griechenland. Die Forschungsliteratur hierzu ist riesig groß. Etliche Gelehrte sehen sogar Verbindungen zum altägyptischen Gott Imhotep oder setzen beide gleich. Asklepios findet sich in den griechischen Mythen gleich mehrerer Sternbilder wieder. Aus diesem Grund starte ich eine Miniserie innerhalb meiner Blogartikel zu den offiziellen Sternbildern:
- Dieser Blogartikel: Ich beginne mit dem Sternbild Zentaur (Centaurus). Die Hauptfigur ist Cheiron, der bei einem Besuch des Herkules bei den Zentauren ein tragisches Ende findet. Asklepios ist der Schüler des Cheiron und lernt hier die Grundlagen seiner Heilkunst.
- Noch nicht erschienen: Die Miniserie wird mit dem Fuhrmann (Auriga) fortgesetzt. In einer der Geschichten zu diesem Sternbild erweckt Asklepios den Protagonisten nach dessen Tode wieder zum Leben.
- Den Abschluss bilden die Sternbilder Schlangenträger (Ophiuchus) und Schlange (Serpens). Sie erzählen die Geschichte des Asklepios und den Bezug der Schlange zum Heilgott bzw. zur Medizin.
Einleitung und Position am Sternenhimmel
Wer im Jahresverlauf in unseren Breitengraden am nächtlichen Himmel nach dem Sternbild Zentaur schaut, wird sich vielleicht wundern. Denn es ist nicht auffindbar. Dies liegt daran, dass sich das Sternbild bei uns das ganze Jahr unter dem Horizont befindet. Die folgende Abbildung zeigt den nördlichsten Stand des Zentauren im Mai, wo zwei Sterne gerade so über den Horizont schauen:
Selbst in griechischen Gefilden (z.B. Kreta) und auch Alexandria taucht das Sternbild nicht vollständig über dem Horizont auf:
Die Lösung liegt in der sogenannten Präzessionsbewegung der Erde. Einfach gesagt vollzieht die Erdachse eine Kreisbewegung ähnlich wie bei einem Kreisel. Das führt dazu, dass sich über einen längeren Zeitraum hinweg die Sichtrichtung von der Erdoberfläche auf die Sterne ändert. D.h. vor etlichen tausend Jahren standen die Sterne an anderen Positionen als heutzutage. Ungefähr 26.000 Jahre braucht es, bis die Erdachse wieder an ihrem Ausgangspunkt ist. Siehe dazu den Wikipediaartikel sowie meine Blogartikel „… wo die Sternbilder Großer Hund und Hase sich gute Nacht sagen“ und „Sternbild Widder: Das Fell über die Ohren gezogen und erobert von den Argonauten“.
Für das Sternbild Zentaur bedeutet dies z.B. folgende Positionen in den Jahren 1 v. Chr., 500 v. Chr. und 1.000 v. Chr.:
An diesen Bildern wird gut sichtbar, dass der Zentaur zu antiken Zeiten sehr wohl vollständig sichtbar war. Man muss sich hier vor Augen halten, dass die Menschen zu dieser Zeit nicht unter der Lichtverschmutzung der Städte und Dörfer zu leiden hatten wie heute. D.h. die Horizontsicht war dort besser.
Das Sternbild „umhüllt“ ein weiteres sehr bekanntes, in der realen Beobachtung dann aber doch sehr unscheinbares Sternbild, das Kreuz des Südens (Crux). Weitere in unseren Breiten bekannte, umgebende Sternbilder sind Skorpion (Scorpius), Waage (Libra) und die Wasserschlange (Hydra):
Herkunft und Mythologie
Centauren (Kentauren) sind Kreaturen, halb Mensch und halb Pferd. Sie galten als sehr ungestüm und wild, insbesondere wenn sie dem Wein zugesprochen hatten. Diese Kreaturen stammten den Geschichten nach vom König Ixion ab, der Herrscher des Volks der Lapithen, die in Thessalien ansässig waren. Dieser soll betrunken bei einer Feier der Götter Zeus’ Frau Hera belästigt haben. Diese hat auf Rat ihres Mannes eine Wolke als ihr Ebenbild geschaffen. Als Ixion nun sehr intim mit der Wolke wurde, im Sprachgebrauch heißt es „er stach die Wolke an“, entstand je nach Version der Mythen der Bastard Kentauros, von dem die Centauren abstammen oder direkt aus der Wolke die Centauren.
Aber nicht alle Centauren waren so ungestüm. Einer von Ihnen, Cheiron, stammte nicht von Ixion, sondern vom Titan Kronos ab. Dieser ging mit der Meeresnymphe Philyra fremd, wurde aber von seiner Frau Rhea in flagranti ertappt. Kronos verwandelte sich in ein Pferd und galoppierte davon. Aus diesem Grund musste Philyra einen Bastard zur Welt bringen.
Cheiron war weise und gütig. Er entwickelte sich zu einem Meister in der Jagd, der Heilkunst und Musik. Seine Unterkunft, eine Höhle am Berg Pelion, entwickelte sich zu einer Lehrstätte für junge Fürsten, deren Eltern ihren Sprösslingen eine gute Erziehung zukommen lassen wollten. Der Ruhm dieses Centauren war so groß, dass er sogar Ziehvater vieler berühmter Helden und Götter wurde. Als Beispiel seien Jason, Archilleus (Achilles) und Odysseus genannt. Sein erfolgreichster Schüler war Asklepios, der Sohn vom Gott Apollon. Von Cheiron lernte Asklepios alles über die Heilkünste und gilt durch sein öffentliches Wirken als Begründer und Gott der Heilkunst.
Leider endet das Leben des Cheiron tragisch während eines Besuchs von Herakles beim Centauren Pholos. Dieser wurde gerade vom König Eurystheus mit der vierten Aufgabe betraut, den Erymanthischen Eber zu fangen. Apollodorus schreibt dazu (Buch 2, 83-85):
(83) Als vierte Arbeit trug ihm Eurystheus auf, den Erymanthischen Eber lebend herbeizuholen. Dieses war das wilde Tier, das vom sogenannten Erymanthos-Gebirge aus Psophis verheerte. Auf dem Weg durch Pholoë wurd eHerakles von dem Kentauren Pholos, dem Sohn des Seilenos und einer Eschen-Nymphe, gastlich aufgenommen. Dem Herakles setze er gebratenes Fleisch vor, er selbst aß es roh.
(84) Als Herakles um Wein bat, erklärte er, er fürchte sich davor, das gemeinsame Fass der Kentauren zu öffnen. Doch Herakles machte ihm Mut und öffnete es selbst. Nicht lange danach hatten die Kentauren den Geruch des Weins wahrgenommen und kamen, mit Felsblöcken und Fichtenstämmen bewaffnet, vor die Höhle des Pholos. Die ersten, die einzudringen wagten, Anchios und Agrios, bewarf Herakles mit brennenden Holzscheiten und vertrieb sie so, die anderen verfolgte er mit Pfeilen bis nach Malea.
(85) Von dort flüchteten sie sich zum (dem Kentauren; s. 1,9) Cheiron, der sich, von den Lapithen vom Pelion-Gebirge vertrieben, bei Malea niedergelassen hatte. Während die Kentauren sich um ihn drängten, zielte Herakles mit dem Bogen auf sie und schoss, doch der Pfeil fuhr Elatos durch den Arm und blieb im Knie des Cheiron stecken. Betrübt lief Herakles zu ihm hin, und nachdem er das Geschoss herausgezogen hatte, legte er ein Zaubermittel auf, das Cheiron ihm gab. Die Wunde aber war unheilbar, und so zog er sich in die Höhle zurück, in der er sterben wollte, doch konnte er es nicht, denn er war ja unsterblich. Erst als sich Prometheus an seiner Statt dem Zeus hingab, um unsterblich zu werden, starb er.
Die Wunde war unheilbar, weil Herakles seine Pfeile mit dem giftigen Blut der Hydra tränkte, die er im Rahmen seiner vorigen Aufgaben besiegte hatte. Die Arzneien von Cheiron erwiesen sich als unwirksam gegen das Schlangenblut. Um dieser Qual ein Ende zu bereiten, stimmte Zeus zu, dass Cheiron seine Unsterblichkeit dem Prometheus überließ. Mit seinem Tod wurde der Centauer unter die Sterne am Himmel versetzt.
Ein vergleichbares, qualvolles Schicksal erlitt übrigens auch Herkules. Siehe hierzu meinen Blogartikel: Herkules – Schwerstarbeiter und tragischer Held.
Literatur:
(1) Ian Ridpath, Die großen Sternbilder, 88 Konstellationen und ihre Geschichten, S. 64 ff.
(2) Wikipedia, Artikel „Kentauer“ vom 10.10.17
(3) Wikipedia, Artikel „Asklepios“ vom 10.10.17
Das Sternbild Zentaur in der Hobbyastronomie
Das Sternbild und dessen Sterne
Der hellste Stern im Zentauren ist Alpha Centauri. Alpha Centauri ist nach Proxima Centauri der sonnennächste Stern mit einem Abstand von 4,34 Lichtjahren. 2016 wurde bestätigt, dass Proxima Centauri gravitativ zum Doppelsternsystem des Alpha Centauri gehört und dieses umkreist. Proxima Centauri wird daher auch Alpha Centauri C genannt und ist 4,22 Lichtjahre von unserer Sonne entfernt.
Der arabische Name des Alpha Centauri lautet Rigil Kentaurus und bedeutet „Fuß des Zentauren“. Bereits in einem kleinen Teleskop können die beiden Komponenten Alpha Centauri A und B getrennt werden. Die hellste Komponente ist Alpha Centauri A und besitzt in etwa die Größe und das Aussehen unserer Sonne. Die zweite Komponente, Alpha Centauri B, ist mit 1,33 mag etwas lichtschwächerer und leuchtet orange. Die beiden Sterne umkreisen sich in rund 80 Jahren. Die dritte Komponente, Alpha Centauri C / Proxima Centauri ist ein leuchtschwacher rötlicher Zwergstern mit einer scheinbaren Helligkeit von 11,05m. Um Proxima Centauri wurde ein Exoplanet in der sogenannten habitablen Zone entdeckt.
Der zweithellste Stern ist Beta Centauri, arabisch Hadar genannt, was „der Boden“ bedeutet. Er ist ca. 525 Lichtjahren von unserer Sonne entfernt. Der Stern leuchtet bläulich.
Der dritthellste Stern des Sternbilds ist Theta Centauri. Seine arabische Bezeichnung lautet Menkent, was soviel wie „Schulter des Kentauren“ heißt.Seine Entfernung beträgt ca. 61 Lichtjahre.
Gamma Centauri ist der vierthellste Stern. Er ist ein ca. 130 Lichtjahre entfernter Doppelstern, der aus zwei je knapp 3 mag hellen Sternen besteht. Das Doppelsternsystem kann nur mit einem Fernrohr von mindestens 15 Zentimeter Objektivöffnung aufgelöst werden. Der Doppelstern trägt den Eigennamen Muhlifain, „Stern auf den man den Eid ablegt. Dieser Name ist übrigens auch dem Stern Gamma Canis Majoris im Sternbild Großer Hund zugeordnet.
Der folgende Film zeigt kurz, wie tatsächlichen relativen Positionen der Sterne des Sternbilds zueinander aussehen (Star Walk 2, iPad Pro late 2015):
Man muss sich in Erinnerung rufen, dass die Sterne eines Sternbilds nicht miteinander in Beziehung stehen. Sie stehen verteilt im Weltraum und weisen i.d.R. verschiedene Eigenbewegungen auf, so dass die Formation des Sternbilds dann anders aussehen wird.
Beobachtungsobjekte im Sternbild des Zentaurs
Übersicht:
- NGC 3766: 5,3 mag, Offener Sternhaufen (Pearl Cluster)
- NGC 3918: 8,0 mag, Planetarischer Nebel (Blue Planetary Nebula)
- NGC 4755: 8,0 mag, Offener Sternhaufen (Jewelbox)
- NGC 4945: 8,5 mag, Galaxie
- NGC 5128: 6,8 mag, Galaxie (Centaurus A)
- NGC 5139: 3,7 mag, Kugelsternhaufen (Omega Centauri)
- NGC 5286: 7,34 mag, Kugelsternhaufen
- NGC 5460: 3,7 mag, Offener Sternhaufen
- IC 2944: Emissionsnebel und offener Sternhaufen (Lambda Centauri Cluster)
NGC 3766: Offener Sternhaufen (Pearl Cluster)
NGC 3766 ist ein offener Sternhaufen in einer ungefähren Entfernung von 5.000 bis 7.000 Lichtjahren von der Erde.
Von ESO – http://www.eso.org/public/images/eso1326a/, CC-BY 4.0, Link
In der App Sky Safari Pro simulierter Anblick des Sternhaufens durch das Okular (die Umkreise 5mm Baader Hyperion und 24mm Baader Hyperion entsprechen 406- und 75-facher Vergrößerung):
Position in der Milchstraße (Sky Safari Pro):
NGC 3918: Planetarischer Nebel (Blue Planetary Nebula)
NGC 3918 ist ein heller planetarischer Nebel. Er ist ca. 4.900 Lichtjahre entfernt und der hellste der südlichen planetarischen Nebel.
Von Judy Schmidt – Flickr: NGC 3918 “The Southerner”, CC BY 2.0, Link
In der App Sky Safari Pro simulierter Anblick des Planetaren Nebels durch das Okular (der Umkreis 24mm Baader Hyperion entspricht 85-facher Vergrößerung):
Position in der Milchstraße (Sky Safari Pro):
NGC 4755: Offener Sternhaufen (Jewelbox)
NGC 4755 ist ein offener Sternhaufen im Sternbild Kreuz des Südens. Ich führe es hier mit auf, da das Kreuz des Südens in großen Teilen vom Sternbild Zentaur eingebettet ist. Außerdem ist es eines der prominentesten Objekte am Südsternhimmel. NGC 4755 wird auch Herschels Schmuckkästchen genannt.
Von ESO/Y. Beletsky – ESO, CC-BY 4.0, Link
In der App Sky Safari Pro simulierter Anblick des Sternhaufens durch das Okular (die Umkreise 10mm Baader Hyperion und 24mm Baader Hyperion entsprechen 202- und 85-facher Vergrößerung):
Position in der Milchstraße (Sky Safari Pro):
NGC 4945: Galaxie
NGC 4945 ist eine Balkenspiralgalaxie. Sie gehört zu den so genannten Seyfertgalaxien, ein spezieller Typ von aktiven Galaxien, deren Zentrum weit mehr Energie aussenden als ruhigere Galaxien wie unsere Milchstraße.
Von ESO – http://www.eso.org/gallery/v/ESOPIA/Galaxies/phot-18a-99-hires.jpg.html, CC-BY 4.0, Link
NGC 5128: Galaxie (Centaurus A)
Die morphologische Klassifizierung dieser Galaxie ist nicht eindeutig. Sie wird von einen als elliptisch, von anderen als linsenförmig angesehen. NGC 5128 ist eine starke Radioquelle und weist eine Helligkeit von 6,6 mag. auf. Die Entfernung wird zwischen 10 und 16 Lichtjahre geschätzt. Die Galaxie wird auch Centaurus A genannt.
Von ESO/WFI (Optical); MPIfR/ESO/APEX/A.Weiss et al. (Submillimetre); NASA/CXC/CfA/R.Kraft et al. (X-ray)
Derivative work including grading and crop: Julian Herzog
NGC 5139: Kugelsternhaufen (Omega Centauri)
Dieser Sternhaufen wird auch Omega Centauri genannt. Es handelt sich um einen Kugelsternhaufen. NGC 5139 ist der hellste Kugelsternhaufen am Himmel gilt und weist auch die größte absolute Helligkeit auf, da er der mit Abstand massereichste Kugelsternhaufen unserer Milchstraße ist.
Von ESO – http://www.eso.org/public/outreach/press-rel/pr-2008/phot-44-08.html, CC-BY 4.0, Link
In der App Sky Safari Pro simulierter Anblick des Sternhaufens durch das Okular (die Umkreise 10mm Baader Hyperion und 24mm Baader Hyperion entsprechen 202- und 85-facher Vergrößerung):
Position in der Milchstraße:
NGC 5286: Kugelsternhaufen
NGC 5286 ist ein Kugelsternhaufen. Er ist auch bekannt als Caldwell 84.
Von Own work – datafile from http://hla.stsci.edu/hlaview.html, CC BY-SA 3.0, Link
In der App Sky Safari Pro simulierter Anblick des Sternhaufens durch das Okular (die Umkreise 10mm Baader Hyperion und 24mm Baader Hyperion entsprechen 202- und 85-facher Vergrößerung). Extrem nah am Sternhaufen kann auch der Stern M Centauri beobachtet werden:
Position in der Milchstraße:
NGC 5460: Offener Sternhaufen
Bei NGC 5460 handelt es sich um einen offenen Sternhaufen.
In der App Sky Safari Pro simulierter Anblick des Sternhaufens durch das Okular (der Umkreis 24mm Baader Hyperion entspricht 85-facher Vergrößerung):
Position in der Milchstraße:
IC 2944: Emissionsnebel und offener Sternhaufen (Lambda Centauri Cluster)
Bei IC 2944 handelt es sich um einen Emissionsnebel mit eingebettetem Sternhaufen. Der Nebel resultiert aus einer H-II-Region der Milchstraße. Das bekannteste Merkmal dieser Region sind einige dunkle Kokons, als Globule in denen Sterne entstehen.
Von ESO – http://www.eso.org/public/images/eso1135a/, CC-BY 4.0, Link
In der App Sky Safari Pro simulierter Anblick des Sternhaufens durch das Okular (die Umkreise 24mm Baader Hyperion und 36mm Baader Hyperion entsprechen 85- und 56-facher Vergrößerung). In diesem Objekt ist der Stern Lambda Centauri eingebettet, der Bestandteil des gleichnamigen Sternbilds ist:
Position in der Milchstraße: