Dies ist der dritte Teil meines Erfahrungsberichts zur Zertifizierung bei der IPMA. Er richtet sich ausdrücklich an andere Einsteiger bzw. Neuanfänger. Meine Erfahrungen zum eigentlichen Lehrgang für die Zertifizierung möchte ich noch um einige allgemeine Ausführungen zum Projektmanagement und dem Zweck einer Zertifizierung ergänzen. Insgesamt teilt sich der Erfahrungsbericht in folgende Teile auf:
- Einleitung: Skizzierung von Sinn und Zweck einer Zertifizierung für Projektmanagement. Hier wird auch ein kurzer und unvollständiger Überblick von 2 weltweiten Organisationen gegeben, welche sich dem Thema widmen.
- Überblick zum Curriculum der GPM / IPMA: Mit diesem Artikel soll ein inhaltlicher Überblick über den Inhalt des PM-Standards der GPM / IPMA gegeben werden.
- Vorbereitung auf Prüfungen (dieser Artikel): In diesem Artikel geht es um die Prüfungsvorbereitung und das Erstellen des Transfernachweises.
- Prüfungserfahrung: Wie laufen Prüfung (mündlich, schriftlich) und Bewertung des Transfernachweises ab? Was ist bei den Prüfungen zu beachten?
Lernen der GPM Standards
Im zweiten Teil meines Erfahrungsberichts wurde auf die IPMA Competence Baseline eingegangen. Für Deutschland hat die GPM diese Standards im Fachbuch Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM3) zusammengefasst. Um den Transfernachweis erstellen und die Prüfungen absolvieren zu können, muss dieses Buch durchgearbeitet zu werden. Je nachdem für welchen Level man sich zertifizieren möchte, sind entsprechende Schwerpunkte in den Kapiteln vorgesehen:
- “Kennen”: Nicht relevant für die entsprechende Zertifizierung
- “Wissen”: Geringer Schwerpunkt in der schriftlichen Prüfung. Kann in mündlicher Prüfung vorkommen.
- “Können”: Hier sollte man sehr sattelfest sein und auch gut strukturierte Vorträge in der mündlichen Prüfung geben können.
Aus meiner Sicht unterstützt der Aufbau von PM3 das Erlernen der Inhalte. Insbesondere die Abschlussfragen zu jedem helfen, sich mit den Kapiteln auseinanderzusetzen. Da die Kapitel von verschiedenen Autoren geschrieben wurden, treten natürlich auch Unterschiede in der persönlich wahrgenommenen Qualität der Artikel auf. Manche Kapitel prägten sich mir sehr schnell und gut ein. Andere musste ich mir “erkämpfen”.
In der Regel wird die Zertifizierung über den Arbeitgeber initiiert. Dieser wird einen Dienstleister beauftragen, der in Form von Seminaren und Support die Vorbereitung auf die Zertifizierung und die Erstellung des Transfernachweises begleitet. Eine andere Möglichkeit ist, sich selbst einen Dienstleister auszuwählen, der Gruppenplätze für eine Zertifizierung zu einem bestimmten Zeitpunkt bereitstellt.
Jeder Dienstleister hat hier sein eigenes Vorgehen. Daher kann ich keine generelle Beschreibung geben, wie die Dienstleister vorgehen. In meinem Fall hat der Arbeitgeber die Zertifizierung über einen Dienstleister vorgesehen. Der Stoff aus PM3 war zuerst selbst zu erlernen, wobei zwei Tage vorgesehen waren, um die wichtigsten Fragen zu klären. In dieser Zeit war auch die Rohfassung des Transfernachweises zu erstellen. Zum Abschluss der Vorbereitungszeit fand ein 1-wöchiges Intensivseminar statt. In diesem wurde der gesamte notwendige Lernstoff in Seminaren durchgearbeitet sowie der Transfernachweis durchgesprochen.
Ich habe von anderen Dienstleistern gehört, die während Vorbereitungszeit mehrere 1-Tages Seminare anbieten. Dabei werden jeweils vorgegebene Themen durchgesprochen, meist in Form von Vorträgen und nachfolgenden Diskussionen.
Der Transfernachweis
Zielsetzung der GPM ist, dass der Prüfling nachweisen soll, dass er die entsprechenden Fähigkeiten und das Wissen bzgl. Projektmanagement in die Praxis umsetzen kann. Der Transfernachweis ist die schriftliche Darstellung eines realen oder fiktiven Projektes. Die Gliederung wird vorgegeben. Das Vorgehen für jedes Kapitel ist dann wie folgt:
- Beschreibung der zugrunde liegenden Theorie für das Kapitel.
- Beschreibung, wie die Theorie in dem konkreten Fall umgesetzt werden soll (fiktives Projekt) oder umgesetzt wurde (reales Projekt).
- Abschließende Diskussion, inwieweit die Umsetzung “gut” oder “weniger gut” war.
Die komplette Anleitung zum Transfernachweis finden Sie auf der Seite der GPM in einer ZIP-Datei (1,8 MB).
Für das Erstellen des Transfernachweises ist zu berücksichtigten, dass die Assessoren sehr viel Wert auf formale Korrektheit der Begriffe und Darstellungsformen legen. Hier sind insbesondere die Tipps der Dienstleister während der Vorbereitungsphase zu beachten. Wenn also z.B. von Kostenganglinie die Rede ist, führen gezeichnete Balken zu Punktabzug. Es muss halt genau eine Linie im Graphen eingezeichnet sein. Es halten sich auch Gerüchte, dass Arbeiten mit mehr als 60 Seiten jetzt abgewiesen werden.
Der fertiggestellte Transfernachweis ist spätestens 14 Tage vor dem Prüfungstermin auf der GPM Seite hochzuladen. Link und Prüfungsnummer werden vorher bereitgestellt. Nur wenn dieser Zeitraum eingehalten wird, können die Assessoren die Korrektur bis zur Prüfung vornehmen. Nachdem die mündliche Prüfung abgeschlossen wurde, besteht für den Zertifikanten die Möglichkeit, sich die Bewertung des Transfernachweises erläutern zu lassen.
Der Arbeitsaufwand für Transfernachweis und Prüfungsvorbereitung
Nun, dies lässt sich natürlich nicht allgemeingültig festlegen. Jeder Mensch hat seinen eigenen Lernstil und seine eigene Auffassungsgabe. Ich gebe hier einfach mal ein paar Richtwerte:
- Durcharbeiten des Stoffs incl. gezielter Prüfungsvorbereitung: 40 bis 50 Stunden
- Erstellen des Transfernachweises: 20 bis 30 Stunden.
- Endgültige Fertigstellung Transfernachweis nach Besprechung in Seminaren (Dienstleister): 10 – 15 Stunden
- Je nach Dienstleister: 1 zusätzliche Arbeitswoche an Ganztages-Seminaren
Als Richtwert sehe ich somit ca. 70 Stunden Gesamtaufwand neben eventuellen Vorbereitungs-Seminaren. Wenn der Dienstleister mehr Seminare anbietet, sinkt der “Eigenanteil”. In unserer Firma verteilte sich der Eigenaufwand auf 6 Wochen. Dazu kam eine Woche Intensivseminar. D.h. neben der normalen Arbeitszeit waren mindestens 12 Stunden Prüfungsvorbereitung je Woche zu leisten.
Man sollte sich im Klaren sein, dass ein oberflächliches Lernen i.d.R. dazu führt, dass die schriftliche Prüfung nicht bestanden wird. Sie erfolgt unter Zeitdruck und die gewünschten Begriffe, Techniken und Berechnungen sollten ohne Nachzudenken parat stehen. Daher entsteht der hohe Lernaufwand. Selbst bei guter Vorbereitung sollte man darauf vorbereitet sein, weniger als 100 Punkte (von max. 120) zu erreichen.
Navigation innerhalb der Artikelserie meines Erfahrungsberichts:
Haben Sie selber Erfahrungen zur Zertifizierung niedergeschrieben, können wir uns gerne auf eine gegenseitige Verlinkung verständigen. Ich überlege noch, ob ich meine Webseite erweitere, um Beispielantworten zu den Fragenkatalogen aus dem PM3 Standardwerk anzubieten. Außerdem werde ich voraussichtlich im kommenden Jahr die Level-C Zertifizierung angehen. Daher wäre ich auch interessiert an Erfahrungen anderer bzw. gegenseitiger Hilfe, wenn die Zertifizierung ungefähr zum gleichen Zeitraum stattfindet.
Hi Volker, ich bin Student und überlege gerade den Ipma level D zu absolvieren. Kannst du mir diesbezüglich ein paar Tipps geben? Mein Ziel ist eigentlich nur die Prüfungsgebphr zu zahlen und mich selbstständig vorzubereiten. Allerdings fehlt mir dazu die notwendige Literatur bzw. Lernmaterial.
Hallo Axel, das mit Tipp so allgemein ohne Fokus auf eine konkrete Thematik ist schwierig. Da es ja nun das ICB4 gibt, kann ich kurzfristig nicht sagen, wo aktuell Schwerpunkte auch in der Prüfung gelegt werden. Dazu dienen eigentlich Vorbereitungskurse. Das wäre meine Empfehlung: nimm an solch einem Vorbereitungskurs teil. Er gibt Hinweise, welche Dokumentation genutzt wird oder stellt sie sogar bereit. Und dort werden Aufgabenstellungen / Fragen trainiert. Außerdem sollten dort auch Hinweise gegeben werden, welche Schwerpunkte aus dem ICB4 in der Prüfung gesetzt werden.