Es sollte ein Abend mit klassischer Beobachtung werden. D.h. statt Gerätschaften (iPhone, DSLM, Adaptern usw.) auszuprobieren, wollte ich einfach nur ein paar Objekte anschauen, und ggf. auch zeichnen. Alles war vorbereitet:
Mit dabei auch mein neues iPad Pro mit extra großem Bildschirm für die Sternkarte 🙂 Die klassische gedruckte Form in Gestalt des Deep Sky Beobachteratlas von Gerhard Stropek liegt unter den Bleistiften und Vordruckmappen auch bereit. Die neue Rotlicht-Klemmlampe sollte ebenfalls ausprobiert werden. Meine alte kleinere Lampe hatte den Geist aufgegeben. Die neue Rotlichtlampe zeichnet sich durch ihre großzügig gestaltete Klemme aus, die bis zu 3 cm Spielraum bietet. Somit kann sie auch an dicke Sternkartenbücher angeklemmt werden.
Es zeigte sich allerdings recht schnell, dass der Himmel trotz Abwesenheit von Wolken nicht so toll sein wird. Schuld daran könnte der starke Wind gewesen sein, der Sand aus der Sahara über Deutschland trieb. Betroffen waren eher Gebiete im Westen & Süden Deutschlands, hier ein auch betroffener Hobbyastronom,
https://twitter.com/ClearskiesSw/status/716319983979114496
aber die Nachrichten sprachen von dem Saharasand in 2-3 Kilometern Höhe über Deutschland insgesamt. Die Vorhersage spricht von einem Sandschleier bis zum kommenden Wochenende. In jedem Fall waren für die Uhrzeit zu wenig Sterne zu sehen und der Himmel war stärker aufgehellt als gewohnt. Am Vortag waren zu diesem Zeitpunkt erheblich mehr Sterne zu sehen, wobei sich dann kurz danach leider der Himmel zuzog.
Die erste Beobachtung sollte die ISS sein mit folgenden Daten:
- 21:22 Uhr: ISS erscheint 10° über SW.
- 21:25 Uhr: ISS verschwinden 39 ° über SE
Ihre Flugbahn füuhrte knapp über den Jupiter. Die Aufnahme erfolgte mit der Olympus M10 im Modus “Live Composite”, welcher u.a. Startrail Fotos gleich in der Kamera erlaubt. D.h. hier werden die Einzelaufnahmen von der Kamera derart zusammengeführt, dass nur neue Bildinformationen mit einer größeren Helligkeit pro Pixel in das bisherige Gesamtbild aufgenommen werden. So wird vermieden, dass aufgehellte Himmelsbereiche insbesondere in der Stadt nahe dem Horizont sich zu einem überbelichteten Bereich addieren. Die Daten der Aufnahme sind:
- Start der Aufnahme: 21:21 Uhr
- Ende der Aufnahme: 21:25 Uhr
- Belichtungszeit je Einzelaufnahme: 8 Sekunden
- ISO: 1.000
Der Lichtpunkt der Raumstation war schon vor dem Beginn der Strichspur auf dem Foto mit bloßem Auge zu erkennen. Und nach dem Ende der Strichspur konnte ich für kurze Zeit noch die ISS mit bloßem Auge weiterverfolgen. Die ISO 1.000 Einstellung war aber anscheinend zu schwach, die ISS dort noch auf das Bild zu bannen.
Danach wollte ich klassisch einige Kugelsternhaufen ansteuern. Der erste sollte M3 sein, der ja gut zu finden und erkennen ist. Bei ihm wollte ich die verschiedenen Vergrößerungen meiner im letzten Jahr angeschafften Baader Hyperion Okulare ausprobieren. Doch was ich im 24 mm Okular (ca. 80-fache Vergrößerung sah), war kaum zu erkennen. Eine höhere Vergrößerung brachte auch kaum Besserung. Und an eine Auflösung in Einzelsterne, wie ich sie z.B. schon früher dokumentiert hatte (siehe Blogartikel), war nicht zu denken.
Bevor ich den Beobachtungsabend dann abbrach, testete ich noch zwei Dinge:
- Zeichnen der Beobachtungen mit dem iPad Pro und Apple Pencil (Adobe Sketch).
- Erfassen des Astronomie Equipments in der Astronomie App SkySafari Pro Plus für die Darstellung des korrekten Field of View (FOV) Umfeldes in der App.
Für das Zeichnen-Experiment wollte ich mir den Beheeve Cluster (M44) anschauen. Dieser Sternhaufen ist allerdings recht weitläufig und von meinem Okular mit der längsten Brennweite (24 mm = ca. 80-fache Vergrößerung) nicht zu erfassen. Dies habe ich mir auch in meiner iOS App Sky Safari Pro Plus darstellen lassen:
Die türkisfarbene Markierung entspricht dem Anblick durch mein Baader Hyperion 24 mm. Die maximale Ausdehnung von M44 wird durch die weiße Umrandung angegeben. Die App bietet in der mittleren und teuersten Version die Möglichkeit, sein Teleskop-Equipment einzutragen:
Damit wird man in die Lage versetzt, sich den Anblick durch das Okular auf dem Bildschirm vorab darzustellen. Dies erleichtert es einem auch beispielsweise anhand von Umgebungssternen zu entscheiden, ob man auch das korrekte Objekt im Okular hat.
Das Schöne an Sky Safari ist, dass sie in der aktuellen Version die Funktion anbietet, bestimmte Parameter und Beobachtungslisten über Google Drive oder Apple iCloud zu synchronisieren. D.h. es reicht aus, mein Teleskop incl. Zubehör nur auf einem Mobilgerät (hier: Tablet) einzutragen. Diese werden dann auf weitere Mobilgeräte (z.B. Smartphone) übertragen, wenn die App dort installiert ist und aufgerufen wird.
Auf diese Art holte ich mir den in Sky Safari ausgewählten Ausschnitt von M44 in das Okular. Dann begann ich mit der Zeichnung auf dem iPad Pro, dem Apple Pencil und der App Adobe Sketch. Ich muss schon sagen, dass mich das Gerät ganz gut unterstützt. Das Zeichengefühl unterscheidet sich natürlich in Bezug auf das harte Displayglas im Vergleich zum Papier. Durch geschickte Auswahl der Zeichenwerkzeuge, dessen Größe und Deckungskraft gelang es mir sehr gut, die einzelnen Lichtpunkte in unterschiedlicher Intensität zu setzen. Mit einer Einstellung konnte ich dann die Sterne gleicher Größe und Intensität zeichnen, ohne den Ungenauigkeiten, die mir mit Papier und Bleistift immer wieder passieren. Und bei Fehlern ist die Undo Funktion ist Gold wert 🙂
Was hier natürlich fehlt, sind ausgedehnte Nebel- bzw. Wolkenbereiche, um die Qualität des Apple Pencil auszuprobieren. Aus diesem Grund habe ich zwischendurch auch ausgedachte Nebelgebiete ausprobiert. Ich denke, dass mich hier die Technik am besten unterstützt. Mit Bleistift und Radiergummi hatte ich immer Probleme, das Gesehene so zu Papier zu bringen, dass ich restlos zufrieden war. Auf dem iPad habe ich Wolken- und Nebelstrukturen sehr viel besser hinbekommen. Mit entsprechenden Zeichenwerkzeugeinstellungen konnte ich abgestufte Schattierungen besser zeichnen, als mit einem richtigen Bleistift. Der Apple Pencil ist sehr präzise und ich konnte keine Verzögerung feststellen.
Nun wird man bemerken, dass auf meiner Zeichnung erheblich weniger Objekte zu sehen sind, als in der Abbildung von Sky Safari. Die App habe ich so grundsätzlich so eingerichtet, dass Objekte bis max 13,9 mag angezeigt werden. Dies entspricht ungefähr dem, was ich von meinem Berliner Standort aus ohne weitere Filter in meinem Teleskop sehen kann, wenn die Beobachtungsbedingungen gut sind. Der gezeichnete Anblick entspricht eher der teleskopischen Grenzsichtbarkeit von ca. 9.9 mag, wie die folgende Einstellung in Sky Safari zeigt:
D.h. auch der Anblick dieses Sternhaufens zeigt, wie schlecht die Sichtbedingungen an diesem Abend in Berlin waren. Wir reden hier über eine Differenz von 4 mag.
Gelesen und beeindruckt!!