Ich schrieb schon hier, dass die lange Durststrecke beim Beobachten Ende Januar beendet wurde. Nun habe ich mir eines meiner Mondbilder etwas genauer angeschaut und anhand meiner Mondatlanten beschriftet. Die Hauptsuche findet im Mondatlas von Antonin Rükl statt. Ergänzt vom fotografischen Mondatlas des Oculum Verlags mit seinen inhaltlichen Beschreibungen.
Für mich dient die Beschriftung einerseits der Dokumentation wesentlicher Punkte im Bild, sodass ich im Nachhinein schnell kann, wie groß das aufgenommene Gebiet mit einer bestimmten technischen Konstellation am Teleskop ist. Es ist gewissermaßen eine Prüfung der Astrononomiesoftware, die bei das Sichtfeld vom eingestellten Equipment in der Anzeige einzeichnet.
Das Bild zeigt im Wesentlichen das Mare Crisium (Meer der Krisen, in Deutschland auch oft Meer der Gefahren genannt) samt Umgebung und einen Teil vom Mare Fecunditatis. Bitte beachten, von den Rändern musste ein wenig entfernt werden. D. h. das beschriftete Bild zeigt nicht das exakte Seitenverhältnis der Kamera an. Die Aufnahme erfolgte am 27. Januar, gegen 23:20 Uhr. Also zwei Tage nach dem Vollmond. Die Tag- und Nachgrenze, auch Terminator genannt, befindet sich also noch sehr nahe am rechten Mondrand:
Ein weiterer Grund für die Beschriftung ist für mich die Auseinandersetzung mit dem Aussehen der Strukturen hinsichtlich Licht, Schatten, Strahleffekte, Farbe usw. Denn je nach Mondalter und damit Sonnenstand auf dem Mond erscheinen die Formationen (Mare, Krater, Rillen, Gebirge und Bodenverhältnisse) verschieden. So ist im Krater Cleomedes (linker Rand oben „auf ca. 10 Uhr“) die Rille Rimae Cleomedes nicht zu sehen. Ich gehe davon aus, weil die Sonne hier schon zu hoch dafür steht.
Generell kann man an den Kratern im linken mittleren Bildbereich sehen, dass die Sonne dort recht hochsteht. Es fällt noch ein wenig Schatten von den Kraterrändern auf den Boden im Inneren. Ganz anders z.B. bei Delmotte nördlich bei Cleomedes, aber auch an Mondrandnähe auf der rechten Bildseite, wo sich der Terminator befindet. Hier sind manche Krater und auch Mare z. T. nur durch die beleuchteten Gipfel der sie umgebenden Gebirge bzw. Kraterwälle zu erkennen.
Der Krater Langrenus rechts unten „auf 4 Uhr“ zeigt einerseits sogenannte innen terrassierte Kraterwälle (Fotografischer Mondatlas, Oculum, 9 – Langrenus/Petavius), als auch zwei Zentralberge. Letztere sind auf meinem Bild ein wenig verschmolzen, können aber ansatzweise erkannt werden. Die Terrassenform ist im Bild am rechten Kraterrand durch die Helligkeitsunterschiede bis hin zur Überbelichtung erkennbar.
Um die Größenverhältnisse einzuschätzen hier zwei Kenngrößen:
- Krater Langrenus: 127 km Durchmesser, 2,7 km hohe Kraterwälle
- Mare Crisium: 560 km in Ost-West-Richtung, sowie 420 km in Nord-Süd Richtung
Im Mare Crisium sind drei Strukturen erwähnenswert: Dorsum Oppel am südwestlichen Rand („auf 7-9 Uhr“) und Dorsa Tetyaev und Dorsa Harker auf der entgegengesetzten Seite. Dorsum (Singular) bzw. Dorsa (Plural) bezeichnen einen Grat oder eine Rückenstruktur auf der Oberfläche. Die Benennung bezieht sich allein auf die sichtbare Struktur (Geomorphologie) und sagt nichts über den konkreten Ursprung bzw. die Art ihrer Entstehung aus.
Was ich mit grüner (1) am westlichen Rand des Mare Crisium markiert habe, ist einer der engeren Durchlässe. Wobei „eng“ im Verhältnis zu den anderen Randdruchlässen zu sehen ist. Es bedeutet nicht nur wenige dutzend Meter.
Auffällig ist der helle Strahl, der vom Krater Proclus knappt außerhalb des Mare Crisium („auf ca. 7 Uhr“) in Richtung der beiden Krater Carmichael und Hill geht. Auf Bildern vom Fotografischen Mondatlas gehen Strahlen kranzförmig ab, sogar bis in Mare Crisium hinein. Die Überbelichtung auf meinem Bild ist ebenfalls auf einem Bild des Atlas zu sehen.
Der Krater Appolonius (ungefähr in der Bildmitte leicht in der rechten Seite, auch mit grüner 2 markiert) weist etliche kleine Krater in seinem Wall auf.
Natürlich lassen weitere interessant beleuchtete Strukturen aufzählen. Dem Leser bleibt es vorbehalten, sich diesem „Wimmelbild“ weiter hinzugeben, wenn er Lust darauf hat. 😀 Sollten Fragen auftreten, können diese als Kommentar zu diesem Artikel formuliert werden. Ich werde so schnell wie möglich darauf antworten.