Dies ist der zweite Teil der Blogartikelserie zu den Sternbildern, die für das griechische Heldenepos um Perseus, Andromeda, ihre Eltern sowie das unvermeidliche Ungeheuer stehen. Der erste Teil gibt eine kurze Einleitung zu den Sternbildern Andromeda, Kassiopeia, Kepheus, Meerungeheuer und Perseus.
In diesem zweiten Teil geht es um das Sternbild Andromeda, die mythologische Gestalt dahinter und einige interessante Beobachtungsobjekte für Astronomen. Bevor es losgeht, sehen Sie hier noch den Überblick der Blogartikel:
- Teil 1: Eine Einleitung – Überblick über die Sternbilder Andromeda, Kassiopeia, Kepheus, Meerungeheuer, Perseus”): Eine Einleitung – Überblick über die Sternbilder Andromeda, Kassiopeia, Kepheus, Meerungeheuer und Perseus.
- Teil 2 (dieser Blogartikel): Das Sternbild Andromeda – Eine schöne Jungfrau muss für die Eitelkeit ihrer Mama büßen.
- Teil 3: Die Sternbilder Kassiopeia, Kepheus und Cetus (Meerungeheuer) – Von Eitelkeiten, Schwertkämpfen während der Hochzeit und Ungeheuern als göttliche Dienstleister.
- Teil 4: Das Sternbild Perseus – Der fliegende Held ohne Cape.
Das Sternbild Andromeda – Einleitung
In meinem Astronomieprogramm (Starry Night 7 Pro Plus) gehören folgende Sterne zum Sternbild:
Das Sternbild Andromeda wird bildlich dargestellt als Frau, die an Felsen angekettet ist. Dies entspricht dem Mythos um ihre Opferung dem Meerungeheuer, damit das Königreich ihrer Eltern gerettet wird.
Die Hauptsterne der Andromeda sind Alpheratz (auch Sirrah genannt), Mirach und Almach. Auf sie gehe ich noch weiter unten ein. Die Internationale Astronomische Union IAU (Union astronomique internationale, UAI) hat folgende Sterne zum eigentlichen Sternbild definiert:
Es gibt auch Darstellungen, in denen denen nur die Reihe Alpheratz, Delta Andromedae, Mirach und Almach das eigentliche Sternbild ausmachen. So bleiben beim Blick in den Himmel kleine Interprationsmöglichkeiten zur Erkennung des Sternbild. Es ist aber wichtig zu wissen, dass egal, welche Sterne man dem eigentlichen Sternbild zuordnet, der zugeordnete Himmelsbereich immer derjenige ist, den die IAU definiert hat.
Herkunft und Mythologie
Die Sage von Andromeda stellt nach Ovid (Metamorphosen) und Apollodor keine eigenständige Geschichte dar. Sie ist vielmehr eingebettet in den Mythos des Perseus.
In der (allerdings schon 121 Jahre) alten Betrachtung von Konrad Wernicke aus Paulys Realencyclopädie der klassischen Altertumswissenschaft, Band I,2 (1894), Sp. 2154–2159, wird angegeben, dass die Andromedasage der jüngste Teil des Perseusmythos ist. Nähreres dazu kann unter dem Link von Wikisource nachgelesen werden. Hier sei nur kurz angemerkt, dass der Held in der ursprünglichen Version von Andromedas Sage nicht Perseus gewesen sein soll. Perseus kämpft mit der Harpe, ein Schwert mit geschwungener Klinge (= Sichel), welches gänzlich ungeeignet ist, um damit gegen das Meerungeheuer zu anzutreten. Zu Zeiten Homers (ca. 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts und / oder 1. Hälfte des 7. Jahrhunderts v. Chr.) und Hesiod (vor 700 v. Chr.) war die Sage Andromedas in Griechenland noch unbekannt. Auch wird in dem Artikel aus der RE davon geschrieben, dass dessen Ursprünge im vorderen Orient zu suchen seien, in denen es um einen syrischen mit Menschenopfern verbundenen Kult einer fischgestaltigen Gottheit geht.
Nach (2) findet sich ein erster Nachweis für die Geschichte um Andromeda und das Meerungeheuer Ketos findet sich auf einer korinthischen Amphore mit schwarzen Figuren, welche auf ca 575-550 vor Christus datiert wird.
In meiner Darstellung um die Geschichte Andromedas und ihre Begegnung mit Perseus beziehe mich bei der Erzählung über Andromeda auf das Werk Metamorphosen von Ovid, Buch 4 (3):
Andromeda ist die Tochter vom äthiopischen König Kepheus und dessen eitlen Frau Kassiopeia, deren Prahlsucht sehr ausgeprägt ist. Diese behauptete schließlich sogar schöner zu sein, als die Neriden. Die Neriden wollten das nicht auf sich sitzen lassen. Sie wandten sich an den Meeresgott Poseidon und verlangten von ihm, dass er die Königin bestraft. Poseidon sandte daraufhin ein Meerungeheuer aus, welches die Küsten des Königreichs von Kepheus verwüstete.
Kepheus wandte sich in seiner Not an das Orakel von Ammon. Das Orakel gab zur Antwort, dass das Ungeheuer nur durch ein Opfer der jungfräulichen Andromeda besänftigt werden kann. Daher wurde sie für das Untier an einen Felsen gekettet.
Der Zufall wollte aber, dass genau zu diesem Zeitpunkt Perseus mit seinen Flügelschuhen vorbeikam. In der Version des römischen Dichters Ovid (Metamorphosen IV, 665-681) heißt es:
Perseus ergreift die geflügelten Schuhe,
bindet an beiden Füßen sie fest, er gürtet die Sichel
um und durchschneidet die lautere Luft mit dem Schlag seiner Flügel.
Unter und hinter sich läßt er rings unzählige Stämme,
bis Aethiopiens Völker er schaut und die Landes des Cepheus.
Schuldlos litt Andromeda dort nach dem harten Gebote
Ammons die Stafe für das, was der Mutter Zunge verbrochen.
Als er sie sah, an den harten Fels ihre Arme geschmiedet,
hätte Perseus geglaubt, sie sei ein marmornes Bildnis,
nur dass ein leichter Wind das Haar ihr eben bewegt und
Tränen den Augen warm entquollen. Unmerklich ergreift ihn
Feuer, er staunt, verhält und, berückt von dem Anblick des schönen
Bildes, vergißt er fast, in der Luft seine Flügel zu regen.
Sprach, als er stand: „O, die nicht dieser Ketten du würdig,
sondern solcher, mit denen sich sehnen Liebende binden,
gib dem Fragenden an deiner Heimat Namen, den deinen
und, warum du Fesseln du trägst!
Zuerst hatte Perseus also die angekettete Andromeda für eine Marmorstatue gehalten. Aber das vom Wind zerzauste Haar und die Tränen auf ihren Wangen ließen ihn erkennen, dass sie ein menschliches Wesen war. Er war gleich Feuer und Flamme für Andromeda und fragte, warum sie denn angekettet an den Felsen steht.
Andromeda erzählte Perseus erst nach einigem Drängen, warum sie dort angekettet wurde. Sie zierte sich als schüchternes Wesen davor, mit einem ihr fremden Mann zu reden (Metamorphosen IV, 681-691):
Sie schwieg zunächst und die Jungfrau
scheut mit dem Manne zu reden. Sie hätte gewiß mit den Händen schamvoll bedeckt das Gesicht, wär sie nicht gebunden gewesen.
Nur ihre Augen füllt sie – dies blieb ihr – mit quellenden Tränen.
Doch, da er drängt, damit es nicht scheine, sie woll’ ein Verschulden
hehlen, nennt sie den Namen der Heimat, den ihren, erzählt, wie
groß ihrer Mutter Vertraun auf die eigene Schönheit gewesen.
Aber es war noch nicht alles erzählt, da rauschten die Wogen
auf, und das Untier kommt, aus dem unermeßlichen Meer sich
hebend, heran und deckt mit der Brust breithin seine Fläche.
Nachdem die Sachlage nun einigermaßen geklärt war, drängte die Sache ein bisschen mit der Ankunft des Seeungeheuers. Perseus bat Kepheus und Kassiopeia noch kurz um die Hand ihrer Tochter. Dazu forderte er das Königreich als Belohnung, wenn er Andromeda rettet. Perseus begibt sich dann in den Kampf gegen das Seeungeheuer (Metamorphosen IV, 711-736):
als mit dem Fuß von der Erde der Jüngling plötzlich sich abstößt,
steilauf schießt in die Wolken empor. Wie der Schatten des Mannes
da auf dem Wasser sich zeigt, schappt wild nach dem Schatten das
und wie Juppiters Aar, der die Schlangen gesehen auf freiem
Felde den Strahlen der Sonnen den Rücken, den schwärzlichen, bieten,
rasch von hinten sie packt, und damit sie nicht wende den bösen Kopf, in den schuppichen Nacken die gierigen Fänge ihr schlägt, so
stieß des Inachus Sproß kopfüber im Sturz durch das Leere
Jäh hinab auf den Rücken des Tiers und senkte in den rechten
Bug des Schnaubenden ein bis ans Heft die gebogene Kline.
Tief verwundet und schwer, schnellt bald es sich hoch in die Lüfte,
birgt unterm Wasser sich bald, bald rast es im Kreis wie ein wilder
Eber, den ringsum schreckt der Hunde kläffende Meute.
Perseus entgeht in gewandtem Flug dem gierigen Schnappen,
trifft mit dem Sichelschwert jetzt den muschelschalenbesäten
Rücken, wo Blöße er zeigt, und jetzt in die Rippen der Flanken,
jetzt, wo der Rumpf sich verjüngt in den schmächtigen Schwanz eines Fisches.
Wasser speit, vermischt mit purpurnem Blut aus dem Schund das
Untier, und naß und schwer von den Spritzern werden die Flügel,
Perseus, der weiter nicht wagt, sich anzuvertrauen dem feuchten
Fittich, erspähte ein Riff, das mit höchstem Kamme sich stillem Wasser ein wenig erhebt, von bewegter See überspült wird.
Fußend hier, mit der Linken am äußersten Zacken sich haltend,
zieht er dreimal und viermal noch durch die Weichen die Klinge.
Beifallsrufe und Klatchen erfüllen den Strand under Götter
Häuser hoch in der Höh. Cassiope, Cepheus, der Vater,
grüßen voll Freude den Eidam, bekennen, er sei ihres Hauses
Hilfe gewesen und Hort.
Der Kampf war laut Ovid spektakulärer gewesen, als er z.B. im Film „Kampf der Titanen / Clash of the Titans“ von 1981 gezeigt wurde. Dort hatte Perseus das Meerungeheuer mit Hilfe von Medusas Haupt versteinert. In den Metamorphosen von Ovid musste Perseus mit seinem Schwert gegen das Ungeheuer kämpfen. Immer und immer wieder stieß der sein Schwert in die Seite des Seeungeheuers, bis es letztlich schwerverletzt starb.
Kepheus und Kassiopeia hielten sich an das Versprechen und gaben der Hochzeit ihrer Tochter Andromeda mit Perseus ihren Segen. Die Feier wurde üppig angesetzt. Natürlich ging auch dies nicht reibungslos über die Bühne; es wurde sogar richtig blutig, da Andromeda eigentlich einem anderen versprochen war. Aber davon berichte ich dann im nächsten Teil. Das Paar bekam 6 Kinder. Unter ihnen wurde Perses der Vorfahre der Perser. Außerdem gelten Andromeda und Perseus als Vorfahren des Herakles (Herkules).
Nachweise:
(1) Paulys cealencyclopädie der klassischen Altertumswissenschaft (1), Band I,2 (1894), Sp. 2154–2159
(2) Perseus (Gods and Heroes of the Acient World), Daniel Odgen, Routledge, Auflage: 1 (19. Februar 2008), Seite 67.
(3) Publius Ovidius Naso, Metamorphosen, Band IV, In dt. Hexameter übertr. u. hrsg. von Erich Rösch, mit e. Einf. von Niklas Holzberg, 13. Auflage München; Zürich, 1992 (Artemis & Winkler Verlag)
Weitere Literatur:
Ian Ridpath, Die großen Sternbilder, 88 Konstellationen und ihre Geschichten, S. 33 ff.
Das Sternbild
Die Sterne des Sternbilds
Das Sternbild wird vom Programm Starry Night 7 Pro Plus von folgenden Sternen gebildet (siehe auch die Einleitung dieses Blogartikels):
- Sirrah / Alpheratz
- Delta Andromedae
- Mirach
- Almach
- Pi Andromedae
- My Andromedae
- Phi Andromedae
- Ypsilon Andromedae
Der hellste Stern in der Andromeda ist Sirrah (α Andromedae). Er wurde ursprünglich dem Sternbild Pegasus zugerechnet, was an den Namen zu erkennen ist. Sie leiten sich von der arabischen Bezeichnung surrat al-faras, „der Nabel des Rosses“ ab. Sirrah bildet aber zusammen mit den anderen drei Sternen Alpha, Beta und Gamma Pegasi das Viereck des Körpers von Pegasus. Bei Sirrah / Alpheratz handelt sich um ein Doppelsternsystem in 97 Lichtjahren Entfernung. Der bläulich-weiß leuchtende Hauptstern besitzt die 110-fache Leuchtkraft unserer Sonne. Er wird von einem lichtschwachen Begleitstern der 11. Größenklasse begleitet.
Mirach ist aus dem arabischen miʾzar abgeleitet und „Schürze“. Der Stern hat eine scheinbare Helligkeit von +2,1 mag und ist ca. 200 Lichtjahre entfernt. Mirach ist ein Überriese vom Spektraltyp M0 III mit einer Oberflächentemperatur von etwa 3300 Kelvin.
Almach wird auch alternativ Alamak, Almaak Almach, Almaach oder Almak geschrieben. Der Name leitet sich aus dem ʿināq al-arḍ „Umarmung des Bodens, Wüstenluchs“ ab. Bei Almach handelt es sich insgesamt um ein 5-fach System. Im Teleskop ist Almach als Doppelstern zu erkennen. Eine der Komponenten ist seinerseits ein 3-fach Sternsystem, wobei 2 der Komponenten spektroskopisch trennbar sind und sich gegenseitig umkreisen. Diese beide Sterne umkreisen dann ihrerseits die 3. Komponente.
Sirrah, Mirach und Almach sind Teil der sogenannten Fünfsternreihe, welche die Sternbilder Pegasus, Andromeda und Perseus verbindet:
- Scheat (Beta Pegasi)
- Sirrah / Alpheratz
- Mirach
- Almach
- Mirfak (Alpha Persei)
Diese fünf Sterne sind alle von zweiter Größe, gehören also zu den hellsten 50 Sternen am nördlichen Sternenhimmel. Da sie quasi ein inoffizielle Sternbild darstellen, gehören sie zur Kategorie Asterismus. Zur Unterscheidung Sternbild – Asterismus, siehe meinen Blogartikel.
Beobachtungsobjekte im Sternbild
- M31: die Andromeda Galaxie, auch Andromedanebel genannt. Die Galaxie ist mit einer Entfernung von etwa 2,5 Millionen Lichtjahren die nächste große Spiralgalaxie. Sie kann bereits mit bloßem Auge als nebliger Fleck wahrgenommen werden. Sie ist aus diesem Grund wahrscheinlich seit der Antike bekannt. Im Fernglas erscheint sie als ausgedehnter länglicher Nebel. In Teleskopen mit größerer Öffnung (ab 15 cm) werden Sternkonzentrationen und dunkle Staubbänder sichtbar. Dies ist allerdings davon abhängig, ob wie gut sich Sichtbedingungen sind. Innerhalb von Städten mit Lichtverschmutzung wird man nicht so viele Details erkennen können.
- M32: ist eine kleinere Begleitgalaxie des Andromedanebels. Im Fernglas und in kleineren Teleskopen erscheint sie sternförmig.
- M110: Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine Begleitgalaxie zu M31.
- NGC 752: Mit bloßem Auge kann dieser offene Sternhaufen als nebliger Fleck erkannt werden. Im Fernglas sind ca. 20 bis 30 Sterne auflösbar.
- NGC 891: Hierbei handelt es sich um eine Galaxie. Von der Erde aus ist sie in Kantenlage sichtbar. Daher erscheint sie als länglicher Nebel.
- NGC 7662: Dieser planetare Nebel ist der Überrest eines Sterns in etwa 4.000 Lichtjahren Entfernung. In kleineren Teleskopen erscheint er als runder, nebliger Fleck. In größeren Teleskopen ab zehn Zentimeter Öffnung erscheint das Objekt als „Rauchring“.
Neben diesen Klassikern habe ich im Band Deep-Sky Wonders, A Tour of the Universe, With Sky & Telescope’s Sue French noch zwei sehenswerte Konstellationen gefunden:
Die Konstellation NGC 272 wird von Sue French als Asterismus eingestuft. Andernorts wird diese Konstellation als offener Sternhaufen klassifiziert. Es handelt sich um 9 Sterne, von denen 5 (incl. Doppelstern) einen Kreisbogen beschreiben. Die restlichen 5 Sterne befinden sich nördlich vom Bogen. NGC 272 bildet mit den Sternen Mirach und Mu Andromedae aus dem Sternbild ein Dreieck.
Die sogenannte Sternenassoziation NGC 206 befindet sich innerhalb der Andromeda Galaxie. Sie ist nach heutigem Stand eine der größten Sternenansammlungen in der lokalen Gruppe. NGC 206 bildet mit dem Kern der Andromeda Galaxie um M32 ein nahezu gleichschenkliges Dreieck: