Seit dem 04.05.16 passierte etwas, was viele Hobbyastronomen zumindest in Berlin seit langem nicht mehr gewohnt waren: klare Nächte. Ich nutzte daher die Nächte vom 05. & 06. Mai 2016 für Beobachtungen und um einiges Neues auszuprobieren.
Heute stand an:
- Neuer Smartphoneadapter für Astrofotografie (TS Optics universal Smartphone iPhone Adapter).
- Einsatz eines Motorfokus (Celestron)
- Jupiter als Testobjekt für die Astrofotografie mit dem neuen Smartphoneadapter
- M51 (Whirlpool Galaxie): ein Versuch, etwas unter dem aufgehellten Stadthimmel Berlins zu sehen (und das noch kurz vor dem Sommer)
- M53 (Kugelsternhaufen)
- Versuch: beide Objekte statt mit Papier und Bleistift mit iPad Pro und Apple Pencil zeichnen.
Smartphoneadapter TS Optics universal Smartphone iPhone Adapter
Hierzu habe ich vor Kurzem einen eigenen Blogartikel geschrieben. Basierend auf meinem Einsatz dieses Smartphoneadapters beim Merkurtransit (Blogartikel folgt) möchte ich noch folgendes ergänzen:
Wird das Smartphone ohne Verlängerungsring an das Okular angeschraubt (im Blogartikel angesprochene Variante 2), so passt zumindest beim iPhone 6S Plus nicht mehr das gesamte Bild, was man mit bloßem Auge im Okular sieht, auf den Kamerachip. Ich hatte eine 84-fache Vergrößerung bei einer Teleskopöffnung 2032 mm, einem 24mm Okular mit 68° Sichtfeld. In dieser Konstellation passte die Sonne gerade noch so in das Sichtfeld des Okulars. Mit der iPhone-Kamera waren im Fotos-Modus beim zentrierten Bild ein kleiner oberer und unterer Bereich der Sonne “abgeschnitten”. Im Videomodus wurde die Sonne noch etwas mehr beschnitten. Bei Hinzunahme eines 7,5mm Verlängerungsrings wurde die gesamte Sonne im Kamerasichtfeld abgebildet, allerdings erheblich kleiner, als im Okular. Allerdings wurde auch nicht mehr der komplette Kamerachip ausgeleuchtet, so dass schon bei geringen Schwenks das Bild der Sonne verschwand, obwohl das Sichtfeld der Kamera noch nicht erreicht wurde.
Einsatz eines Motorfokus
Wer kennt es nicht: beim manuellen Einstellen des Fokus wackelt das Bild im Okular bzw. in der montierten Kamera heftig. Oft ist man auch gezwungen, auf das Ende der Schwingungen zu warten, bis man die Scharfstellung prüfen kann. Ein Motorfokus vermeidet solche Wackler, da für die Fokussierung keine Hand mehr an das Teleskop angelegt werden muss. Außerdem bietet ein Motorfokus mit Hilfe von Mikrogeschwindigkeiten eine genauere Fokussierung. Aus diesem Grund habe ich mir dieses Gerät zugelegt. Celestron bietet einen für mein NexStar 8 Modell für “gutes” Geld an. Aber da ich wenig Zeit für Basteleien habe und überhaupt auch kein Elektroniker, ist das Geld in meinem Fall gut angelegt.
Das Prinzip des Motorfokus ist recht einfach. Zuerst werden zwei der drei Befestigungsschrauben des Fokusknopfes herausgeschraubt. Dann wird die Gummi-Ummantelung wird über den Fokusknopf gestülpt. Diese sitzt auf einer kleinen Platine, auf welcher der Motor samt Steuerungselektronik und Antrieb der Ummantelung angebracht ist. An der Platine ist eine kleine Befestigungsplatte mit zwei Löchern angebracht, die passend über die beiden freien Löcher der Fokusknopfbefestigung positioniert werden. Mit den zwei Schrauben befestigt man dann den Motorfokus samt Fokusknopf am Teleskop.
Für den Betrieb während der Beobachtung wird die Handsteuerung über ein Spiralkabel samt Klinkenstecker mit der Platine des Motorfokus verbunden. Die Handsteuerung bietet insgesamt drei Geschwindigkeiten, die über einen Schalter eingestellt werden: eine sehr langsame, eine langsame und eine schnelle Drehung. Über zwei Knöpfe wird die Drehrichtung vorgegeben. Wird ein Drehknopf für länger als 2-3 Sekunden gedrückt, schaltet die Steuerung auf die schnelle Geschwindigkeit um.
Und so sieht das ganze dann im Betrieb aus:
Der Motorfokus für das #Teleskop in Aktion. #lasttweet pic.twitter.com/FIKZXi7Uxq
— Volker Nawrath (@vnawrath) April 25, 2016
Das Fazit für mich ist recht kurz: es ist eine super Investition. Das Einstellen des Fokus erfolgt jetzt ohne nervtötendes Wackeln und noch genauer als per Hand. Ich möchte dieses Hilfsmittel nicht mehr missen. Der einzige “Nachteil” ist, dass neben der GoTo Steuerung nun ein zweites Handteil vorhanden ist, welches man irgendwo ablegen muss. Solange das Teleskop nicht Richtung Zenit zeigt, reicht das Gehäuse der GoTo Steuerung. Ansonsten sollte man sich überlegen, eine kleine Tasche mit Klettverschluss an eines der Standbeine anzubringen, in der die Handsteuerung abgelegt werden kann.
Aufnahmen vom Jupiter
Genutztes Equipment:
- Celestron NexStar 8 SE
- Baader Hyperion 24 mm Okular (ca. 85-fache Vergrößerung); Norden ist oben und Osten ist links
- iPhone 6S Plus, mit dem TS-Optics Smartphoneadapter (siehe oben) an das Okular mittels Adapterringen angeschraubt.
- Apple iPhone Kamera App, Videomodus; einmal ohne Zoom und einmal mit 2-fach Digitalzoom
Beispiel Einzelfotos aus den beiden später weiterverarbeiteten Videos:
Das Stacken der Einzelbilder aus den Videos erfolgte mit autostakkert 2.5. Die Nachbearbeitung bzgl. Giotto umfasste sowohl die Schärfung mittels Mexican-Hat-Filter (Gauss & Rect) als auch die exponentielle Kontrastbearbeitung:
Das nochmals mit Digitalzoom 2-fach vergrößerte Jupiterbild habe ich in Photoshop CC dann noch mittels Helligkeit und Kontrast abgedunkelt:
Versuch der Beobachtung der Whirlpool Galaxie (M51) unter Berliner Himmel
- Celestron NexStar 8 SE
- Baader Hyperion 24 mm Okular (ca. 85-fache Vergrößerung); Norden ist oben und Osten ist links
- Zeit: 06.05.16, 0:33 Uhr
Der Berliner Himmel leidet bekannterweise unter starker Lichtverschmutzung. Dazu kommt der sommernahe Zeitpunkt, zu dem der Himmel erst sehr spät maximal dunkel ist. Hier meine Zeichnung von dem Anteil des Objekts, was ich erkennen konnte:
Wie man sieht, sieht man nicht viel. Im linken oberen Bereich der Zeichnung sind ansatzweise die Zentren von M51 und der Begleitergalaxie NGC 5195. Das Nachprüfen der teleskopischen visuellen Grenzgröße für die Sichtbarkeiten der Sterne ergibt ca. 11,9 mag. Das Teleskop vermag unter idealen Bedingungen bis zu einer visuellen Grenzgröße von 14 mag zu gehen, dies entspricht ca. 15-mal hellere Sterne. Das habe ich mit der App Sky Safari 5 Pro nachvollzogen, in der die gleichen Sterne im Blickfeld zu sehen sind, die ich gezeichnet habe:
Als Vergleich sei noch auf folgende Zeichnungen von Astronomen verwiesen, die unter verschiedenen Bedingungen und zu verschiedenen Jahrhundernen entstanden sind:
- http://www.astrofan80.de/html/deepsky.html
- http://www.alrukaba.at/cms/front_content.php?idart=959
- Lord Rosse’s drawings of M51
- Drawing of Galaxy M51 made by John Herschel
In diesem Zusammenhang verweise ich noch auf einen Artikel (englisch) zur Frage, inwieweit die Zeichnung von M15 Van Gogh’s “Starry Night” inspiriert hat. Außerdem befasst sich der Artikel “THE M51 MYSTERY: LORD ROSSE, ROBINSON, SOUTH AND THE DISCOVERY OF SPIRAL STRUCTURE IN 1845” (PDF) mit der Entdeckung dieses Objekts und der Frage der Entdeckung der Spiralstruktur.
Zum Abschluss noch eine sehr schöne Aufnahme vom Hubble Teleskop auf Wikipedia:
M53 – Kugelsternhaufen im Haar der Berenike
- Celestron NexStar 8 SE
- Baader Hyperion 24 mm Okular (ca. 85-fache Vergrößerung); Norden ist oben und Osten ist links
- Zeit: 06.05.16, 0:33 Uhr
Bevor es mir zu spät wurde, am Folgetag hatten wir einen Ausflug vor, habe ich mir nach Jupiter und M51 dann nur noch den Kugelsternhaufen M53 vorgenommen. Wie auch schon M51 habe ich die Zeichnung auf einem iPad Pro mit dem Apple Pencil vorgenommen. So ganz zufrieden bin ich mit diesem ersten Zeichenversuch noch nicht. Die Abstufung zwischen innerem und äußerem Bereich ist zumindest auf der Zeichnung mit dem weißen Hintergrund zu abrupt. Da fehlt mir noch die Übung. Weitere Anmerkungen zum Zeichnen mit dem iPad Pro siehe nächstes Kapitel. Die originale Zeichnung erfolgte auf weißem Hintergrund. Die beendete Zeichnung habe ich dann konvertiert.
Der Sternhaufen war nicht so kräftig zu sehen, wie ich es schon früher unter Berliner Himmel getan habe. Auch die Rate der Sterne im Blickfeld des Okulars deutet eine recht niedrige Rate der visuellen Grenzgröße an. Ich habe diese Größe auch hier mit Hilfe der App Sky Safari 5 Pro diese Grenzgröße auf ca. 11,5 mag identifizieren können. Wenn noch die Kraft und Zeit da gewesen wären, hätte ich noch eine Zeichnung mit einer höheren Vergrößerung angefertigt. Aber für mich war um ca. 2:45 Uhr das Ende der Beobachtungsnacht erreicht. Die Ausrüstung muss ja auch wieder zusammengeräumt und weggestellt werden.
Zum Abschluss ein Bild des Kugelsternhaufens vom Hubble Teleskop:
Der Versuch, Beobachtungsskizzen mit dem iPad Pro und Apple Pencil zu erstellen
Da Teleskopsteuerung, Sternenkarte und Sozial Media für die zeitnahe Kommunikation mit andern (Hobby-) Astronomen sowieso schon mit einem Tablet erfolgen, ist die Versuchung nahe, auch die Beobachtungsskizzen damit zu erstellen. Ich verfüge über ein iPad Pro mit Apple Pencil. Für die ersten Tests habe ich mich für die App Procreate entschieden, welche ich sowieso schon besitze. Einen ersten Vorteil damit erstellter Beobachtungsskizzen versprach ich mir wegen der im Programm bereitgestellten Zeichenwerkzeuge. Es sind Blei-, Pastell, Graphit-, Kreidestiften über Tinten- hin zu Pinselwerkzeugen mit den unterschiedlichsten Größenordnungen,Strafuren und Texturen. Außerdem kann ich in solch einem Programm das Bild mit Hilfe unterschiedlicher Zeichenebenen erstellen. Ich habe es mir wie folgt organisiert:
- 1. Ebene: Sichtfeld mit dem Fadenkreuz auf der 1. Ebene.
- 2. Ebene: Umgebungsobjekte im Sichtfeld, i.d.R. Sterne
- 3. Ebene: Das beobachtete Objekt
- 4. Ebene: Bei Nebeln nutze ich diese weitere Ebene für Strafuren und Flächen
- [Update 14.05.16, 16:55]: Natürlich kann man auch weitere Ebenen für Hilfslinien eineichten, die auf der finalen Skizze nicht zu sehen sein sollen.
Als Zeichen-Dummy finde ich diese Art zu zeichnen sehr hilfreich. Ich denke, mit einem bisschen Übung bekomme ich Zeichnungen auf dem iPad besser hin, als auf Papier und Stift. Dort kommt der Radiergummi leider zu oft zum Einsatz.
Allerdings ist ein Nachteil zu beachten, der meiner Meinung das Zeichnen ggü. dem Papier und Bleistift beeinträchtigt. Zur Wahrung der Augenadaption muss rote Folie über dem Bildschirm des iPads genutzt werden. Der Apple Pencil funktioniert auch weiterhin. Nur geht durch diese zusätzliche Schicht ein bisschen Feingefühl verloren, was Druckstärke und Strafuren angeht.
Ich nutzte weiterhin in dieser Sitzung ein Notizprogramm, um in einem Screenshot aus der Sky Safari App die im Sichtfeld erkennbaren Sterne zu markieren. Dies ist notwendig, um bei schlecht erkennbaren Deep Sky Objekten wie z.B. M51 (siehe oben) sicher zu sein, dass das Teleskop auf das korrekte Objekt ausgerichtet ist. Außerdem markiere ich auch die Sterne um die visuelle Grenzgröße bei der teleskopischen Beobachtung festzustellen. Da in den Astronomie Apps der Himmel im Generellen schwarz dargestellt wird, zeichnet man daher auch mit dem Apple Pencil auf diesem schwarzen Hintergrund. Das erweist sich als schwierig, da man die Stiftspitze kaum bis gar nicht erkennt. Daher benötigt man in dieser Situation eine weitere Beleuchtung. Ich besitze eine Rotlichtlampe mit einer Klemme für Kladden und Bücher. Diese lässt sich auch an iPad anbringen, so dass der Stift angeleuchtet wird:
Mein Fazit:
Ich werde das Konzept der Zeichnung beim iPad Pro weiterverfolgen. Ich nutze für viele Dinge beim Beobachtungsabend sowieso schon das iPad. Außerdem hilft das iPad einem Dummy-Zeichner wie mir, mit der entsprechenden Software beim Skizzieren der Beobachtung. Außerdem kann ich schnell Screenshots von Sternenkarten oder Okularansichten aus einer Astronomie App in einem Notizprogramm weiterverwenden. Die nächsten Beobachtungsabende werde ich dazu übergehen, die Beobachtungsnotizen auch auf dem iPad zu erfassen.