Die Projektkontrolle Teil 2 – Die Leistungskontrolle in Projekten (Fortschrittsgrad)

Dieser Blogartikel ein Teil der Blogartikelserie „Die Projektkontrolle„. Im ersten Teil habe ich im Überblick die strategischen und operativen Aspekte der Projektkontrolle aufgezeigt. Im Verlaufe weiterer Blogartikel werde ich auf diese verschiedenen Aspekte im Einzelnen beleuchten.

Den Beginn mache ich mit dem Aspekt der Leistungskontrolle in den Einzelprojekten. Sie leitet sich aus dem magischen Dreieck (Termine, Kosten, Leistung / Qualität) ab. Hier gehe ich nur auf den quantitativen Teil der Leistungskontrolle ein: die Ermittlung des sogenannten Fortschrittsgrads. Die folgende Abbildung zeigt die Einordnung der Leistungskontrolle  im Gesamtumfeld der Projektkontrolle:

Leistungskontrolle im Gesamtkontext der Projektkontrolle

Leistungskontrolle im Gesamtkontext der Projektkontrolle


Die Leistungskontrolle umfasst die Aufnahme des aktuellen Fortschrittsgrades im Projekt. Dazu wird je Arbeitspaket der Leistungsfortschritt zu einem Stichtag in Form eines Prozentwertes ermittelt. Unstrittig sind die folgenden Arbeitspakete:

  • Noch nicht begonnene Arbeitspakete: Fortschrittsgrad = 0%
  • Abgeschlossene Arbeitspakete: Fortschrittsgrad = 100%

Wie unschwer zu erraten liegt die Schwierigkeit darin, eine Schätzung für den Leistungsfortschritt schon begonnener Arbeitspakete durchzuführen. Folgende Verfahren können hierfür verwendet werden:

  1. Die subjektive Leistungseinschätzung
  2. Die Messung anhand einer quantitativen Lösung
  3. Die 0/50/100%-Methode
  4. Die Meilensteinmethode

Die Fortschrittsgrade der einzelnen Arbeitspakete sind dann ggfs. noch zu einem Fortschrittsgrad des Gesamtprojektes zusammenzuführen.

Die subjektive Leistungseinschätzung

Diese Form der Fortschrittsgradermittlung ist formell gesehen die einfachste und schnellste Methode. Hier wird der verantwortliche Arbeitspaketverantwortliche befragt.Das Problem hierbei ist allerdings, dass hier keine objektiven Kriterien zum Tragen kommen. Der genannte Fortschrittsgrad ist nicht nachvollziehbar.

Daher wird der Fortschritt meist zu hoch eingeschätzt. Dazu kommen aber auch soziale Aspekte, die zu einer Verfälschung der Einschätzung führen. Man möchte keine Zweifel an den eigenen Leistungen aufkommen lassen oder man gibt Antworten, von denen man meint, dass sie erwünscht sind. Insbesondere in Gruppen besteht die Gefahr des Zwangs zur Konformität. Abweichende Meinungen innerhalb des Teams sind nicht erlaubt (Group Think).

Eine weitere Gefahr ist, dass durch diese Kontrolle schleichende Erweiterungen des Arbeitspaketumfangs nicht erkannt werden („Einbau von goldenen Türklinken“). Der Status wird nicht an diese Scopeerweiterung angepasst.

Das alles führt in der Regel dazu, dass der Fortschrittsgrad recht schnell die 90-95 % erreicht, dann aber dort verharrt. Bis dahin hat man das Gefühl, dass das Arbeitspaket termingerecht verläuft. Doch kurz vor dem Fertigstellungstermin tauchen dann nicht erkannte Aktivitäten auf bzw. das Team wird sich jetzt noch klar, was alles fertigzustellen ist. Das Arbeitspaket verharrt dann für sehr lange Zeit auf „fast erledigt“.

Ein Ausweg, die Schätzung des Fertigstellungsgrads zu objektivieren ist die Schätzung der zu erbringenden Gesamtleistung:

  1. Schätzung der zu erbringenden Restleistung (Estimate To Complete): ETC
  2. Ermittlung des Ist-Aufwands (Actual Cost): AC
  3. Erwartete Gesamtkosten (Estimation At Complete): EAC = AC + ETC
  4. Fortschrittsgrad (%) = AC * 100 / EAC

Die Messung anhand eine quantitativen Größe

Für manche Arbeitspakete bzw. Projekte können Mengengrößen wie m^2, Tonnen, Meter usw. herangezogen werden. Die Formel für den Fortschrittsgrad lautet dann wie folgt:

Fortschrittsgrad (%) = Istmenge * 100 / Gesamtmenge

Die 0/50/100%-Methode

Mit dieser Methode wird der Leistungsfortschritt in Arbeitspaketen pauschal erfasst:

  • Offene, nicht begonnene Arbeitspakete = 0%
  • Begonnene, noch nicht fertiggestellte Arbeitspakete = 50%
  • Abgeschlossene Arbeitspakete = 100%

In der pessimistischen Version werden begonnene, noch nicht fertiggestellte Arbeitspakete ebenfalls mit 0% bewertet.

Ein wesentliches Problem hier ist die evtl. zu undifferenzierte Bewertung des Arbeitspakets. Man geht davon aus, dass sich Ungenauigkeiten über die Gesamtheit ausgleichen. Der Charm dieser Methode ist der geringe Aufwand für die Erfassung des Leistungsfortschritts. Die Methode eignet sich für relativ kleine Arbeitspakete mit geringem Projektrisiko.

Die Meilensteinmethode

Ggü. der 0/50/100%-Methode findet hier eine differenziertere Betrachtung der Arbeitspakete statt. Der Projektleiter legt mit dem Arbeitspaketverantwortlichen bzw. dem Projektcontroller Zwischenergebnisse in diesem Arbeitspaket fest. Diese werden als verbindliche Meilensteine definiert.

Die Erreichung der Meilensteine wird dann als Grundlage für die Fortschrittskontrolle genutzt. Je Meilenstein ist ein bestimmter Prozentsatz des Leistungsfortschritts festgelegt. Mit Erreichung des Meilensteins wird sein Prozentsatz zum Gesamtfortschrittsgrad des Arbeitspakets addiert. Siehe die folgende Abbildung als Beispiel. Dort wird als Variante der Fortschrittsgrad zum Meilensteins angegeben, wenn dieser noch nicht erreicht wurde. Dieser wird dann in einen anteiligenLeistungsfortschritt umgerechnet;

Die Meilensteinmethode

Die Meilensteinmethode

Voraussetzung für die Meilensteinmethode ist, dass zwischen den Meilenstein ungefähr gleich große Leistungsabschnitte liegen. Natürlich muss das Arbeitspaket die Möglichkeit bieten, Meilensteine entsprechend differenziert definieren zu können.

Überblick über den Gesamtprojektfortschritt

Eine Möglichkeit, einen Gesamtüberblick über den Leistungsfortschritt zu erhalten, ist die visuelle Darstellung im Balkenplan. In den Balken mit der jeweiligen Plandauer wird mit einem inneren Balken der Fortschrittsgrad angezeigt:

Leistungsfortschritt im Balkenplan

Leistungsfortschritt im Balkenplan

Eine weitere Möglichkeit ist die Darstellung des Leistungsfortschritts über Markierungen oder Prozentangaben im Projektstrukturplan:

Leistungsfortschritt im Projektstrukturplan

Leistungsfortschritt im Projektstrukturplan

Wer es mathematisch mag, errechnet sich den Gesamtfortschrittsgrad aus den Plan- und Ist-Fortschrittsgraden von den Arbeitspaketen. Nehmen wir als Beispiel die „Entwurfsplanung“ der in nebenstehenden Abbildung. Sie umfasst Teilaktivitäten von insgesamt 46 Plan-Tagewerken, welche sich wie folgt aufteilen:

Gesamtleistungsfortschritt mittels gewichteter Hochrechnung

Gewichtete Hochrechnung

Abkürzungen:

  • TW = Tagewerke
  • FGR = Fortschrittsgrad
  • FW = Fortschrittswert
  • „100er Pläne“: Planaufwand = 5 TW / FGR = 50%
  • „Bauantrag“: Planaufwand = 1 TW / FGR = 25%
  • „Statik erstellen“: Planaufwand = 10 TW / FGR = 75%
  • „Detailplanung“: Planaufwand = 15 TW / FGR = 0%
  • „Ausschreibung“: Planaufwand = 15 TW / FGR = 0%

Der Gesamtfortschrittsgrad berechnet sich aus den gewichteten Fortschrittsgraden der zugehörenden Teilvorgänge Die Gewichtung wird in diesem Beispiel anhand der Plan-Tagewerke der Teilvorgänge vorgenommen. Dazu werden die Plan-TW mit dem Fertigstellungsgrad multipliziert. Das Ergebnis ist dann der jeweilige Fortschrittswert in Tagewerken:

  • FW „100er Pläne“ = 5 TW * 50 % = 2,5 TW
  • FW „Bauantrag“ = 1 TW * 25% = 0,25 TW
  • FW „Statik erstellen“ = 10 TW * 75% = 7,5 TW
  • FW „Detailplanung“ = 15 TW * 0% = 0,0 TW
  • FW „Ausschreibung“ = 15 TW * 0% = 0,0 TW

Daraus folgt ein Gesamt-FW für „Entwurfsplanung“ mit 10,25 TW.

FGR „Entwurfsplanung“ = 10,25 Gesamt-FW / 46 Plan-TW = 22,28%

Voraussetzung für solch eine Rechnung sind einheitliche Plan-Werte der Teilvorgänge. In diesem Fall handelt es sich um den Arbeitsaufwand in Tagewerken. Genausogut können es Kostenwerte oder Mengenwerte sein.

Zusammenfassung (Mindmap)

Operative Projektkontrolle - Leistungsfortschritt

Operative Projektkontrolle – Leistungsfortschritt

Bisherige Artikel und Templates der Serie „Die Projektkontrolle“

 

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